Das Valle del Bove (Tal des Ochsen) ist ein riesiges Tal von ca. 5 km Breite und ca. 7 km Länge (insgesamt 37 Quadratkilometer) an der Ostseite des Ätna, also zum Meer hin. Die Ränder des Tals sind bis zu 1.000 Meter hoch und fallen teilweise senkrecht ab.
Die Entstehung des Valle del Bove
Dieses imposante Tal entstand neuesten Forschungen zufolge vor etwa 8.000 Jahren. Der damalige Gipfel (der ungefähr 3.700 Meter hochgewesen sein soll) stürzte in Folge von Explosionen und Eruptionen ein, die Gesteinsmassen rollten in das Meer und ließen diese gewaltige „Wunde“ am Vulkan zurück. Unklar ist, ob das Tal durch einen einzigen Einsturz entstand oder durch mehrere, laut der letzten Theorien waren es zwei, einer vor 10.000 und einer vor 8.000 Jahren.
Auch heute kann man noch die damalige Struktur des Vulkans erahnen: Wenn man den Ätna von Osten, z.B. von Giarre oder Riposto aus betrachtet, erkennt man, dass die Ränder des Tals nicht bis zum Hauptkrater verlaufen, sondern schon zuvor in zwei Vorgebirgen enden: dem Pizzi Deneri (2850 m) im Norden und dem Montagnola (2613 m) im Süden. Diese sind durch Hochebenen, den Piano delle Concazze bzw. den Piano del Lago, noch deutlich vom Hauptkrater getrennt.
Das besondere Mikroklima an der Ostseite
Das Valle del Bove war lange Zeit eine grüne Oase auf diesem steinernen Riesen, voll mit üppigen Wäldern und Wiesen, auf denen die Hirten ihre Schafe hüteten und Obst angebaut wurde. Daher stammt wohl auch der Name des Tals (restlos geklärt ist das aber nicht). Grund dafür ist das einzigartige Klima, das an der Ostseite des Vulkans herrscht: die Sonne wärmt jeden Morgen die schwarze Erde des Vulkans, die heiße Luft steigt empor. Auf der Ostseite kommt feuchte Luft vom Meer nach, welche mit zunehmender Höhe abkühlt. Kalte Luft kann nicht mehr die gleiche Menge an Feuchtigkeit aufnehmen. So kondensiert die Feuchtigkeit und es bilden sich Wolken, die Schatten und Niederschlag bringen. In diesem besonderen Mikroklima gedeihen Pflanzen, die normalerweise erst viel weiter nördlich zu finden sind, wie Äpfel, Birnen, Kastanien oder Haselnüsse.
Doch durch mehrere Ausbrüche des Südöstlichen Kraters, beginnend im Jahr 1971, wurde das Tal fast vollständig von den Lavaflüssen bedeckt, sodass es heute eine schwarze Steinwüste ist.
Erst beim Ausbruch in den Jahren 1991 bis 1993 wurde das an das Valle del Bove angrenzende, tiefer gelegene Tal Val Calanna durch einen Lavastrom verwüstet, der sich bis nach Zafferana fortsetzte, dort das erste Haus zerstörte und glücklicherweise vor dem zweiten Haus stoppte.
Auch heute noch ergießen sich die Lavaströme aus dem Südöstlichen Krater zum Glück oft in das Valle del Bove, wo sie keinen Schaden anrichten können.
Geologische Besonderheiten
Für Vulkanologen ist das Valle del Bove ein wahrer Schatz. An den Wänden des Tals erkennt man die unzähligen Schichten von Lava. Durch den Einsturz des Gipfels wurden diese freigelegt und machen somit die Geschichte des Ätna frei zugänglich.
Eine geologische Formation kann man im Valle del Bove besonders gut erkennen: sogenannte Dikes (auch Dykes). Diese freistehenden, senkrechten Wände aus Lava entstehen folgendermaßen: bei einer Eruption bilden sich Spalten im Boden und füllen sich mit der aufsteigenden, heißen Lava. Nach dem Ausbruch beginnt diese Lava abzukühlen. Da Lava ein schlechter Wärmeleiter ist, kann die Wärme nicht an das umliegende Gestein abgegeben werden, sondern nur nach oben, an die Luft. Die Lava in den Spalten kühlt daher extrem langsam ab; noch Jahrzehnte nach einem Ausbruch kann man die Wärme an der Oberfläche spüren. Wenn Lava langsam abkühlt, wird sie sehr hart, härter als die umgebenden Gesteinsschichten. Wenn nun durch Erosion die Erde wieder abgetragen wird, bleibt diese extrem harte Lava bestehen und bildet die bizarren Skulpturen, die Du auf den folgenden Bildern sehen kannst.
Die einzigen zwei Krater, die man im Valle del Bove sieht, sind der Monte Centenari und der Monte Simone.
Wie kann man das Valle del Bove erwandern?
Das Tal kann von Nordosten her, von der Straße Mareneve kommend, mit einem Jeep erreicht werden. Zumindest ein kurzes Stück kann man in das Tal und über einen Lavastrom hineinfahren. Dann geht es nur mehr zu Fuß am „Sentiero di Saro Ruspa“ weiter.
Dieser Weg ist nach einem Baggerfahrer benannt, der beim Ausbruch von 1991 bis 1993 mit unermüdlicher Arbeit versuchte den Lavastrom, der sich auf Zafferana zubewegte, aufzuhalten. Sein Bagger kippte bei den Arbeiten in den Lavastrom. Wie durch ein Wunder konnte Saro Ruspa entkommen und überlebte.
Wirklich beeindruckend ist diese einzigartige Formation aber nur, wenn man sie von oben, also vom Rand des Tales betrachtet.
Wir kommen bei unseren Touren entweder von Süden (Ätna Süd Tour) oder Norden (Ätna Trekking Tour) bis zum Tal Valle del Bove, stehen direkt vor dem Abgrund und blicken so von den Gipfelkratern über diese gewaltige Einkerbung bis zum Meer.