In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf den Hauptprotagonisten des Ätna der letzten 50 Jahre: den Südostkrater.

Die Geburt des Südostkraters im Jahr 1971

Beginnen wir von vorne: Nach einem Jahrhundert tiefgreifender Veränderungen und intensiver Aktivität der Gipfelkrater begann am 5. April 1971 eine neue Phase starker lateraler Aktivität, die durch 13 laterale Eruptionen über einen Zeitraum von 22 Jahren gekennzeichnet war – eine einzigartige Periode in der Geschichte des Ätna.

Zunächst bildeten sich am Südhang in 3000 m Höhe zwei Spalten, genannt die Vulcarolo-Öffnung und die Observatoriums-Öffnung. Durch den beständigen Erguss von Lava bedeckte der Lavastrom in 12 Tagen eine Fläche von einem Quadratkilometer, eine Zunge bewegte sich in Richtung Monte Frumento Supino und andere bedeckten die Ebene Piano del Lago.

Etwa einen Monat lang öffnen und schließen sich die Mündungen zwischen 2900 und 3100 Metern und bilden die Bocca Ovest (Mündung West) und die Bocca Est (Mündung Osten). Vor Ende April zerstörten die Lavaströme das Vulkanologische Observatorium und die Ankunftsstation der Seilbahn.

Am 7. Mai kam die Lava einen Kilometer von der Sapienza-Hütte entfernt zum Stillstand, was das Ende der Aktivität der Mündungen am Südhang, aber den Beginn der Aktivität am Nordosthang mit der Öffnung einer Mündung auf 2600 m Höhe markiert.

Am 11. Mai 1971 verschiebt sich die eruptive Aktivität mit unverminderter Intensität in die Nähe von Serra delle Concazze, was den Beginn von dem einläutet, was später der große Ausbruch von 1971 genannt wird. Aus diesem ging die wunderschöne Serracozzo-Grotte hervor, die wir auf unseren Touren auf der Nordseite des Ätna besuchen. Zwischen den Ortschaften S. Alfio und Fornazzo verlaufend erreicht der Lavastrom eine Höhe von 600 m über dem Meeresspiegel.

Während all dieser Aktivitäten, bei denen sich die Mündungen nach Norden, Süden und Osten öffneten und schlossen, entstand am 14. Mai in 3000 m Höhe an der südöstlichen Basis des Zentralkraters durch einen seitlichen Einsturz ein Pitkrater (auch Schachtkrater genannt), aus dem uralte Gesteinsasche austrat und der als Entlüftungsventil diente. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um eine ganz gewöhnliche Aktivität, aber merkt Euch dieses Datum und dieses Ereignis! Es ist das erste Anzeichen dafür, was in den nächsten 50 Jahren zu spektakulären Ereignissen führen sollte. Etwa einen Monat lang kam es in dieser Öffnung zu strombolianischen Explosionen und Lavafontänen, dann ruhte sie sieben Jahre lang.

Erst 1978, mit der Bildung mehrerer Spalten und starker explosiver Aktivität, begann dieser Pitkrater seine Karriere als aktivster Krater des Ätna und erhielt den Namen Südostkrater.
Von 1979 bis 1980 bildeten sich zeitweise 500 m hohe Lavafontänen und sogar vulkanische Blitze, was für den Ätna ein außergewöhnliches Ereignis darstellt.

Das Valle del Bove (Ochsental)

In den Jahren 1984 bis 1986 kam es zu einer weiteren äußerst produktiven Phase strombolianischer Aktivität, in der ein Lavastrom auf den anderen folgte und so zunehmend das Valle del Bove bedeckte. Dieses riesige Tal war bis zur Bildung der ersten Brüche an der Ostflanke des Zentralkraters im Jahr 1971 eine fantastische grüne Oase, ein Paradies der Artenvielfalt. Stellt Euch ein 37 Quadratkilometer großes Tal vor, das seit Jahrtausenden im Schatten eines großen Giganten liegt und dank der Nähe zum Meer ein feuchteres und kühleres Mikroklima als der Rest Siziliens aufweist, was zur Bildung wunderschöner Wälder und üppiger Flächen führt, die ideal für die Schafzucht und den Anbau von Obstbäumen sind.

Jeden Morgen heizen die Sonnenstrahlen die schwarze Erde an den Flanken des Ätna auf und erzeugen Aufwinde, welche heiße Luft vom Fuß des Vulkans in Richtung Gipfel tragen. Auf der Ostseite saugen diese Aufwinde feuchte Meeresluft an, die sich mit zunehmender Höhe abkühlt. Da kalte Luft bekanntlich nicht mehr die gleiche Menge an Feuchtigkeit aufnehmen kann, kondensiert die Feuchtigkeit dann und bildet Wolken, die ihrerseits Schatten und Niederschlag bringen. So ist ein besonderes Mikroklima entstanden, das im Valle del Bove und in weiten Teilen des Ätna das Überleben mehrerer botanischer Arten ermöglicht hat, die sich auf besondere Weise entwickelt haben und endemisch geworden sind. Heute gibt es über hundert Arten mit dem Namen: aetnensis.

Neben dem jungen Kegel bildeten sich zwei weitere Mündungen, eine im Südwesten und eine im Westen, wobei letztere durch den rhythmischen Ausstoß von Gas gekennzeichnet war und daher „bocca soffiante“ (atmender Mund) genannt wurde. Im November 1988 öffnete sich ein weiterer Schlund an der Basis des Kegels, aber erst im September 1989 kam es zu einem weiteren Spektakel als pro Tag zwei Lavafontänen hervorgestoßen wurden. Am 26. Oktober bildete sich eine Aschesäule, die den gesamten Vulkan überragte und die Form eines Pilzes annahm, ähnlich wie bei einer Atomexplosion.

Die Neunziger Jahre, Schnelles Wachstum

Am 5. Januar 1990 kam es zu einem der heftigsten Ascheausbrüche seit Menschengedenken, bei dem 23 Millionen Kubikmeter pyroklastisches Material ausgestoßen wurden. Glücklicherweise fiel dieser Ausbruch mit einem Sturm zusammen, der die Aschewolke nach Norden, über das Meer und die Äolischen Inseln trieb und zerstreute.

Am 14. Dezember 1991 öffneten sich nördlich und südlich des neuen Kraters Brüche, die den Beginn der längsten Eruption des Jahrhunderts markierten. In einer Höhe von 3100 bis 2700 Metern über dem Meeresspiegel bildeten sich 150 bis 650 Meter lange Risse und 300 Meter hohe Lavafontänen. Am folgenden Tag verschob sich das Szenario auf unter 2400 m. Die sehr gut genährte Lavafront bewegte sich rasch in das Valle del Bove und das Val Calanna, und von da an begann die besorgniserregende Phase für die Bewohner von Zafferana und Umgebung (es ist immer noch möglich, die Stelle zu besuchen, an welcher der bedrohlichste Strom zum Stillstand kam, nachdem er „nur“ ein Haus von Zafferana zerstört und wenige Meter vor dem zweiten zum Stehen kam). Der Albtraum für die Bevölkerung endete nach 473 Tagen, am 30. März 1993.

Nach einigen ruhigen Jahren nahm die Entwicklung des Südostkraters zwischen 1996 und 2001 wieder kräftig Fahrt auf, und in nur fünf Jahren erreichte er fast die Höhe der anderen Gipfelkrater.

Im November 1996 begann ein Kegel innerhalb des Kraters mit einer langsamen aber anhaltenden Aktivität, die 20 Monate lang zu kleinen strombolianischen und effusiven Eruptionen führte. Im Juli 1997 begann das produzierte Material, das sich zunächst nur innerhalb des Kraterrandes ergoss, überzulaufen und in das Valle del Bove zu fließen. Im Juli 1998 hatte die Lava den gesamten bestehenden Kegel bedeckt, dessen Gesamthöhe nun 220 Meter betrug.

Am 15. September 1998 begann eine neue, außerordentlich produktive eruptive Phase, in der 18 Ereignisse mit sehr ähnlichem Ablauf stattfanden: einige Stunden strombolianische Aktivität, gefolgt von Lavafontänen und schließlich Aschesäulen. Dies hatte ein Wachstum von etwa 100 Metern zur Folge. Anfang 1999 verringerte sich die Zeitspanne zwischen einer Aktivität und der nächsten allmählich, bis sie nur noch einige zehn Minuten auseinanderlagen. Am 4. Februar 1999 bildete sich ein langer Riss, der sofort die Merkmale eines Hauptausbruchs mit 9 km hohen Aschesäulen aufweist und neun Monate lang aktiv bleibt, wobei er 50 Millionen Kubikmeter Lava ausstößt.

Am 26. Januar 2000 begann eine weitere eruptive Phase, während der sich eine Spalte bildete, die den Krater von Norden nach Süden durchquerte. Die Paroxysmen beginnen sich wieder zu verdichten, bis zu drei pro Tag, und auch die Entwicklung jedes Phänomens ist schlagartig, in wenigen Minuten geht es von strombolianischen Explosionen zu Lavafontänen, die oft 1000 Meter hoch sind.

Im März entsteht durch einen Bruch an der Südflanke eine Art Kuppel genannt Sudestino, die einige Wochen lang das Epizentrum des Geschehens bleibt, bevor es sich auf den Gipfel des Südostkraters zurückzieht.

Im April blieben die Aktivitäten weiterhin gewaltig, es lagen aber zehn Tage zwischen ihnen. Am 16. April produzierte der Sudestino zum letzten Mal Lavafontänen und der Südostkrater erzeugte eine strombolianische Explosion, die nur 25 Minuten dauert, aber Lavabrocken 6 km weit schleudert, was auch Verletzte zur Folge hatte.

Die Ausbrüche setzten sich im Abstand von 5 bis 10 Tagen fort, bis am 24. Juni eine Lavafontäne eine Höhe von 1 200 m erreichte, nur 15 Minuten lang aktiv war und einen 3 km langen Lavastrom bildete. Innerhalb von sechs Monaten kam es zu 66 Paroxysmen, ein weltweit einmaliges Ereignis, bei dem der Südostkrater um 40 Meter wuchs.

Die Ausbrüche von 2001 und 2004

Am 20. Januar 2001 meldete sich der Schlot an der Nord-Nordost-Flanke, später „Levantino“ genannt, wieder zu Wort. In den ersten sechs Monaten des Jahres folgten die strombolianischen Explosionen aufeinander, jedoch mit geringerer Intensität als im Vorjahr.

Am 13. Juli 2001 änderte sich alles, die Lavafontänen vergrößerten den Levantino beträchtlich, eine Reihe von Erdbeben erschütterte den Osthang des Ätna, und die ersten Risse öffneten sich am Piano del Lago, womit der Beginn der seitlichen Eruption des Jahres 2001 feststand. Darüber haben wir euch schon in einem anderen Artikel erzählt (Der Ausbruch des Ätnas von 2001).

Nach den großen Ausbrüchen von 2001 und 2002 gab es im Südostkrater keine nennenswerte Aktivität mehr, sondern nur noch eine häufige Bildung von Fumarolen, was auf die Unstabilität des Bodens hinweist, die nach und nach zu einer Reihe von Einbrüchen des Kraterrands und einer beträchtlichen Vergrößerung des Durchmessers des Kraters führte, insbesondere während des Ausbruchs von 2004-2005.

Dieser Ausbruch begann am 7. September 2004 an der Ostflanke des Südostkraters. Zwischen 2850 und 2350 Metern bilden sich verschiedene Brüche, die Lavaströme entspringen vor allem auf einer Höhe von 2650 Metern, aber die Ströme werden nur leicht gespeist und ergießen sich träge ins Valle del Bove. Der niedrigste erreichte Punkt liegt auf 1450 Metern über dem Meeresspiegel, noch weit entfernt von den bewohnten Zentren, er stellt keine Gefahr dar.

Am 31. Oktober und am 16. Februar kommt es zu Einbrüchen, die eine Vertiefung bilden, welche 2006 und 2007 weiter absinkt und einen Pitkrater bildet. Am 8. März 2005 endet die eruptive Tätigkeit.
2006 und 2007

Am 13. Juli 2006 öffnete sich an der Südflanke ein Riss, der einen Kegel und Lavaströme hervorbrachte, die wiederum durch eine eher langsame Emission gekennzeichnet waren und etwa zehn Tage lang aktiv blieben. Im September und Oktober kam es zu einer weiteren Aktivität, die derjenigen der Vorjahre sehr ähnlich war: Es bildeten sich Ergussschlote, die im Wesentlichen frei von explosiver Aktivität waren.

Erst am 20. Oktober 2006 setzte die strombolianische Aktivität des Südostkraters wieder ein, die vehement die Lavafelder entstellt und dabei den erst kürzlich gebildeten Kegel aufbricht und die Ströme, die den Kraterrand gerade bedeckt hatten, zerbirst.

Nach etwa einem Monat sind die Aktivitäten immer noch stark, aber sie wechseln sich ab zwischen Gipfel und den Spalten an der Basis des Südostkraters und zeigen strombolianische Aktivität und hohe Aschesäulen, bis sie am 14. Dezember enden.

Im Jahr 2007 treten einige strombolianische Aktivitäten von relativ kurzer Dauer auf, von 1 bis 10 Stunden, aber das sind die letzten dieses Kraters bis … ja das ist eine andere Geschichte, welche Du hier nachlesen kannst: Der neue Südostkrater

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