Oder: Wieso die Catanesen das Eis erfunden haben.
Wenn ihr unseren Blog aufmerksam verfolgt, dann wisst ihr ja schon wie Lavatunnel während eines Vulkanausbruchs entstehen. Diesmal wollen wir euch etwas darüber erzählen, wie es im Inneren dieser Höhlen aussieht und welche besonderen Dinge sich schon in einigen Höhlen zugetragen haben.
Geologische Besonderheiten
Beginnen wir am Ende des Vulkanausbruchs: es kommt keine neue Lava mehr nach, der Tunnel, den der Lavastrom gebildet hat, beginnt sich langsam zu leeren. Von der Decke des Tunnels tropft die noch heiße Lava und beginnt sich zu verfestigen. Die Gebilde, die so an der Decke entstehen, werden von der dahinfließenden Lava noch weitergezogen und erhalten so die Form von Hundezähnen (Denti di cane). Bei einer Tour auf den Ätna solltet ihr euch dieses einzigartige Phänomen keinesfalls entgehen lassen!
Durch das Gas in der Lava bilden sich an den Wänden auch Blasen, die schließlich aufplatzen (Blister). Die Ränder dieser Blasen sieht man noch immer in den Grotten.
Die Höhle leert sich nun vollständig, die Wände sind aber immer noch heiß, es dauert cirka ein Jahr bis sie abgekühlt ist. Danach beginnt der „Frühling“ in der Lavagrotte: durch die Feuchtigkeit in der Höhle lösen sich Stoffe wie Kalziumkarbonat aus dem Gestein und bilden kleine Kristalle an den Wänden. Allerdings ist diese Pracht nicht von Dauer, nach einigen Monaten löst die Feuchtigkeit diese fragilen Blüten wieder auf.
Auch sonst sind die Höhlen sehr unterschiedlich: die Wände teilweise glatt wie Glas, dann wieder rau und unebenmäßig. Manchmal befindet sich die Decke meterweit über den Köpfen der Besucher, manchmal muss man auf allen Vieren krabbeln.
Stalaktiten und Stalagmiten gibt es in den Lavatunneln am Ätna übrigens nicht! Für die Bildung dieser Tropfsteine enthält die Lava zu wenig Calcium.
Eine Tour zur Serracozzo-Grotte
Der wohl schönste Lavatunnel ist die Grotta di Serracozzo auf der Nordseite des Ätna, die in einer kurzen Wanderung von der Citelli-Hütte aus erreicht werden kann (siehe Ätna Trekking Tour). Wenige Meter nach dem Eingang strahlt das Licht durch eine Öffnung in der Decke herein und erhellt einen Teil der Höhle (Skylight). Je nach Sonnenstand ergeben sich so wunderschöne Lichtspiele.
Wenn man schon bis zur Grotte hochgestiegen ist, bietet es sich zudem an die Tour bis zum Valle del Bove (Ochsental) fortzusetzen, dort den Ausblick auf dieses riesige Tal zu bestaunen und anschließend wieder abzusteigen (beim Abstieg seht ihr außerdem den Ausbruch und die Krater von 1928).
Der Ätna als Kühlschrank
In den Lavatunneln ist es immer kühler als an der Oberfläche, auch im Sommer wird es hier, unter der Erde, nicht wärmer. Wenn Schnee in die Grotten fällt, bleibt dieser daher manchmal auch, wenn er richtig abgedeckt und konserviert wird, über den Sommer erhalten. In der Grotta del Gelo (Grotte der Kälte) bildete sich so zum Beispiel ab 1624 ein kleiner Gletscher, der somit der südlichste Gletscher Europas ist. Leider ist dieser durch die steigenden Temperaturen stark gefährdet und auch deswegen, weil sich die Öffnung in der Decke vergrößert hat, wodurch mehr warme Luft eindringt und immer mehr Eis schmilzt. So ist er in den letzten Jahren immer kleiner geworden.
Vor ein paar Jahrhunderten, als es noch keine Kühlschränke gab, hat man in vielen Grotten im Winter Schnee eingelagert. Der Schnee wurde zusammengedrückt und durch Regen und Feuchtigkeit gefror der Schnee zu Eis. Mit einer Schicht vulkanischen Sandes bedeckt wurde das Eis das ganze Jahr über gelagert. Die Handelsleute des Ätna gaben damals ihren Kunden die Garantie ab, sie vom Frühling bis zum darauffolgenden Dezember mit Eis zu versorgen. Eine Sensation, die unvorstellbar war im Rest vom Mittelmeerraum!
Für den Verkauf wurde das Eis in Blöcke geschnitten, in Farnblätter eingewickelt und in Hanfsäcke verpackt, abtransportiert und in ganz Sizilien verkauft. Von den Häfen von Catania und Riposto (auch „der Hafen des Ätna“ genannt) wurde das Eis, ein Luxusgut in der damaligen Zeit, sogar bis nach Malta exportiert.
Zunächst wurde das Eis nur als Kühlmittel verwendet. Die Einwohner von Catania hatten dann die Idee, das Eis mit Honig und Zitronensaft zu mischen und so die erste Granita, einer der Schätze des Ätnas, herzustellen.
Diese sizilianische Eisspezialität solltet ihr unbedingt probieren (nach einem Ausflug auf den Ätna habt ihr sie euch auch redlich verdient!).
Die Granita wird auch heute noch nur aus Eis und Früchten hergestellt; man isst sie zusammen mit einer Brioche. In Catania erzählt man sich auch, dass der Koch, der das erste Eis in Paris zubereitete, ursprünglich aus Sizilien kommt… Also wer weiß, vielleicht ist der Ätna der Ursprung dieser erfrischenden Köstlichkeit!
Räuberhöhle (Grotta dei Ladroni)
Woher die Grotta dei Ladroni (Räuberhöhle) ihren Namen hat, ist wohl jedem auf Anhieb klar. Es wird erzählt, dass sie einer 4-köpfigen Räuberbande im 18. Jhd. als Unterschlupf gedient hat. Die unterirdische Höhle hat zwei Ein- bzw. Ausgänge: auf der einen Seite führte eine große Rampe hinunter, die Räuber sollen damals auch mit ihren Pferden und Mulis in die Höhle hineingeritten sein. Auf der anderen Seite führt eine schmale Treppe, die Stufen wurden in den Stein gehauen, wieder hinaus. Über diesen zweiten Ausgang sollen die Räuber ihren Verfolgern entflohen sein. Trotz dieses guten Verstecks, waren die Raubzüge der Bande allerdings nicht sehr erfolgreich, wie man sich in den Ätnadörfern erzählt.
Das waren nur einige Beispiele für die Dinge, die sich unter der Oberfläche des Ätna zugetragen haben und zutragen. Wenn ihr mehr entdecken wollt, müsst ihr schon selbst – oder besser mit uns ???? – eine Wanderung auf den Ätna und zu den Lavatunneln unternehmen!