Die sizilianische Pflanzenwelt zeichnet sich durch viele endemische Arten aus. Sie machen etwa 10 % der Pflanzenarten der Insel aus. In diesem Artikel wollen wir euch von einigen der besonderen Pflanzen erzählen, die am Ätna wachsen. Denn wer glaubt der Ätna sei eine karge, leblose Steinwüste, der irrt. Der Ätna bietet Lebensraum für eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen und ist Heimat von einigen endemischen Arten. Auf seinen Hängen findet man bis zu einer erstaunlichen Höhe Pflanzen vor.

Wer besiedelt neue Lava?

Ein Lavastrom zerstört alles, was er unter sich begräbt. Es dauert Jahre bis wieder neues Leben anfängt. Zuerst siedeln sich Flechten an, dann Blumen und Gräser. Erst nach Jahrzehnten wächst wieder ein Wald. Daher kann man an den Pflanzen, die auf einem Lavastrom wachsen, auch gut das Alter der Lava abschätzen.

Ein frischer Lavastrom ist, wenn er ausgekühlt ist, schwarz. Mit der Zeit wird er immer heller, gräulicher. Das liegt an der Verwitterung aber auch an der Flechte Stereocaulon vesuvianum, die nach ca. 9 bis 10 Jahren beginnt die Lava zu besiedeln.

Ein mit Flechten bewachsener Lavastrom von 1992

Im obigen Bild seht ihr den Lavastrom von 1993 bei Zafferana Etnea. Die mit der gräulichen Flechte überzogenen Steine stammen vom 30 Jahre alten Lavastrom. Die schwarze Lava zwischen den Steinen ist frische Asche, die in diesem Jahr niedergefallen ist.
Die Bäume in der Mitte des Lavastroms sind nicht neu gewachsen, sie wurden vor 30 Jahren vom Lavastrom verschont.

Die Flechte Stereocaulon vesuvianum aus der Nähe

Im obigen Bild seht ihr die Flechte Stereocaulon vesuvianum aus der Nähe. Sie ist eine symbiotische Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz und einer Alge.

Die Flechte trägt zur Verwitterung der Lava bei und bildet neue Biomasse, auf der anschließend andere Pflanzen gedeihen können.

Die Blumen und Kräuter des Ätna

Ätna-Ampfer (Rumex aetnensis)

Die Gattung Ampfer trägt den lateinischen Namen Rumex. Viele von euch kennen sicher den Sauerampfer. Schon die Römer kauten die frischen Blätter des Ampfers. Das fördert nämlich die Speichelbildung und hilft so gegen Durst. Daher leitet sich auch der Name ab: das lateinische Wort ruminare bedeutet kauen oder wiederkäuen. Der Ampfer enthält zudem viel Vitamin C und wurde damals als Mittel gegen Skorbut verwendet.

Am Ätna finden wir – bis zu einer Höhe von 3000 Metern – die endemische Art Rumex aetnensis (eine Unterart von Rumex scutatus – dem Schild-Ampfer). Er ist somit die auf höchster Höhe wachsende Pflanze, die wir am Ätna finden. Ihr könnt seine Blätter bei unseren Touren kosten und seine hübschen roten Blüten zwischen Mai/Juni und August bewundern.

Der Ätna-Ampfer wächst auf flachen Böden, bevorzugt auf Vulkansand bzw. lockerem Material und ist somit bei der Besiedelung von neuer Lava von größter Bedeutung.

Der Ätna-Ampfer (Rumex aetnensis)

 

Nun haben wir auch gelernt, welchen Zusatz alle endemischen Pflanzen des Ätna tragen: aetnensis

Ätna-Kamille (Anthemis aetnensis)

Die Ätna-Kamille gedeiht am Ätna auf einer Höhe von 1700 bis 2900 Metern, manchmal auch höher. Sie wird nicht so hoch wie die Echte Kamille, nur ca. 25 cm. Die Stängel verzweigen sich direkt am Boden, sodass sie oft ein buschartiges Aussehen hat. Bei der echten Kamille sind die Stängel im oberen Bereich meist stark verzweigt. Im Gegensatz zur echten Kamille ist Anthemis aetnensis zudem mehrjährig. Sie blüht im Juli und August.

Ätna-Kamille (Anthemis aetnensis)

Saponaria dell’Etna – Seifenkraut des Ätna

Eine der bekanntesten Blumen des Ätna ist die Saponaria dell’Etna (wissenschaftlicher Name Saponaria sicula). Dieses Seifenkraut findet man am Ätna bis zu einer Höhe von 2300 Metern. Außerdem wächst es in Teilen der Madonie (eine Gebirgskette in der Mitte der Nordküste von Sizilien). Es blüht von Juni bis August wunderschön pink und wächst oft in Kissen, die sich von der schwarzen Lava abheben und die sandigen, steilen Hänge des Ätna befestigen.

Die Saponaria ist das Wahrzeichen des Ätna-Parks. Auf dem Wappen des Parks seht ihr links unten eine kleine rosa Blüte.

Die Saponaria auf dem Logo des Ätna-Parks

Alle Pflanzenteile, vorallem aber die Wurzeln, enthalten Saponine. Seifenkraut wurde schon in der Antike und im Mittelalter zur Reinigung verwendet, so auch die Saponaria dell’Etna. Heutzutage steht sie als Bewohnerin des Naturparks Ätna unter Schutz.

In Catania erzählt man sich, dass Aphrodite, die Göttin der Liebe und der Schönheit, diese Kissen auf dem Ätna platziert hat um alle daran zu erinnern, dass auch in den größten Unweglichkeiten und Widerlichkeiten Liebe und Schönheit gedeihen kann. Manche behaupten auch diese zarten Kissen sind die Betten von Feen, Gnomen und anderen wundersamen Wesen.

Das Seifenkraut des Ätna (Saponaria sicula)

Astragalus siculus (auch: Astracantha sicula)

Wenn ihr eine Wanderung auf dem Ätna unternehmt, werdet ihr vorallem auf der Nordseite große grüne Kissen (30 bis 60 cm hoch und bis zu 2 Meter Durchmesser) links und rechts des Weges entdecken, die zum Ausruhen während des anstrengenden Aufstiegs einladen. Teilweise ist der ganze Hang grün gepunktet. Aber Achtung: die Kissen des Astragalus siculus sehen zwar bequem aus, haben aber lange Stacheln. Deswegen werden sie von den Guides am Ätna auch scherzhaft Schwiegermutterkissen genannt… Im Italienischen nennt man sie spino santo – Heiliger Stachel (eine Referenz auf die Dornenkrone Jesu).

In den Kissen sammelt sich der feine Lavasand und sie bieten so einigen Insekten Unterschlupf und sind Lebensraum für andere Pflanzen.

Astragalus siculus gehört zur Pflanzengattung Tragant (Astragalus), auch Bocksdorn genannt, welche wiederum zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler gehört. Er wächst ausschließlich auf dem Ätna zwischen 1700 und 2450 Metern Höhe und blüht zwischen Mai und August mit kleinen, unscheinbaren Blüten.

Astragalus siculus

Ein Bild von unserer Ätna Nord Tour, wo wir den abwechslungsreichen und unbekannten Norden des Ätna kennenlernen.

Die Dornen des Astragalus siculus aus der Nähe

Die Dornen des Astragalus siculus aus der Nähe.

 

Kommen wir nun zu den größeren Pflanzen des Ätna.

Ätna-Ginster

Der Ätna-Ginster (Genista aetnensis) ist eine auf Sizilien und Sardinien endemische Pflanze. Er blüht von Juni bis Juli leuchtend gelb und verströmt dabei einen wunderbaren Duft. Der Ätna-Ginster kann mehr als 5 Meter hoch werden, andere Ginster-Arten werden hingegen nur 2 Meter hoch.

Er wächst als Strauch oder (stark verzweigter) Baum bis auf 2000 Metern Höhe und hat als Pionierart die Aufgabe den Boden für andere, anspruchsvollere Pflanzen vorzubereiten.

Bis zur Gründung des Ätna-Parks wurde aus dem Holz des Ätna-Ginsters Holzkohle hergestellt. Hinweise darauf findet man noch heute in den Namen einiger Wege (Via dei carbonai, Straße der Köhler). Außerdem wurden seine blühenden Zweige verwendet um Wolle oder Seide gelb einzufärben. Im Englischen nennt man den Ginster broom („Besen“), was daran liegt, dass man aus den Zweigen auch Besen hergestellt hat.

Der Ätna-Ginster (Genista aetnensis)

Der zauberhafte Birkenwald

Bei unseren Wanderungen auf der Nordseite des Ätna, spazieren wir durch einen zauberhaften Birkenwald voller weißsilbriger, glatter Stämme. Die Ätna-Birke, Betula aetnensis, kann im Gegensatz zur normalen Birke mehrere Stämme haben und erreicht eine Höhe von 4 bis 15 Metern. Man findet sie zwischen 1300 und 1900 Metern Höhe, oberhalb des Rifugio Citelli und nahe der Sciara del Follone sogar bis 2110 Meter.

Früher wurde aus der glatten Rinde des Baumes ein (sehr teures) Papier hergestellt. Mittlerweile ist das natürlich nicht mehr erlaubt. Die Ätna-Birke ist wie alle Pflanzen am Ätna geschützt, da der Ätna ein Naturpark ist.

Ätna-Birke, Betula aetnensis

An den Stämmen von älteren Birken sieht man noch die Stellen, an denen die Rinde für die Papierherstellung abgezogen wurde.

Aber wieso finden wir Birken so weit im Süden? Betula aetnensis entstand während der letzten Eiszeit (Würmeiszeit) und breitete sich auch nach Sizilien aus. Nach dem Ende der Eiszeit zog sich die Pflanze in den Norden zurück, nur am Ätna blieb, auf Grund des kühleren und regenreicheren Klimas als im Rest von Sizilien, ein Bestand erhalten. Dieser passte sich an die speziellen Bedingungen auf einem Vulkan an und entwickelte sich so anders weiter als seine Verwandten im Norden und wurde endemisch.

Die Ätna-Birke (Betula aetnensis)

Eine weiße Winterlandschaft mit Birken. Wer hätte gedacht, dass es sowas auf Sizilien gibt!

Wenn Du noch mehr über die Pflanzen des Ätna erfahren willst und sie mit eigenen Augen sehen willst, dann buche am besten eine Wanderung auf der Nordseite des Ätna. In den letzten Jahren und Jahrzehnten fanden die Ausbrüche vorallem auf der Südseite statt. Dort ist daher viel neue Lava, wir spazieren durch eine schwarze Mondlandschaft.

Im Norden hatte die Natur hingegen schon wieder Zeit den Vulkan zurückzuerobern. Bei unserer Ätna Nord Tour wandern wir durch die unterschiedlichen Vegetationszonen und entdecken alle Farben des Ätna.

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