Faszinierende Eindrücke vom höchsten aktiven Vulkan Europas
Zwischen Meer und Schnee – 1800 Meter über dem Meeresspiegel, fernab von Stadtverkehr und Strandpromenade und dennoch so nah. Der Ätna wurde im Jahr 2020, meinem ersten Jahr auf Sizilien, zu meinem Zufluchtsort von all den Medienberichten über das Coronavirus. Hier, wo die Welt noch in Ordnung ist, hoch oben auf den Sartorius Kratern.
Der Wind, das Rumoren des Südostkraters, wenn im Inneren ein paar Explosionen stattfinden, wie ein Donnern das man mit dem ganzen Körper spüren kann. Ein Ort, an dem sich um dich herum die Lavawüsten und Krater vergangener Ausbrüche erstrecken, gepaart mit der einzigartigen Flora und Fauna des Ätna. Der Blick auf die Ostküste Siziliens und die Küste Kalabriens, auf die Nebrodi Gebirge und manchmal sogar auf die Äolischen Inseln gibt dir ein Gefühl von Freiheit. Die klare Luft lässt dich durchatmen während du unter dir das Knirschen der erkalteten Lava spürst. Die Zeit vergeht hier oben wie im Flug, denn du vergisst alle Sorgen und tauchst ein in eine Welt unberührter Natur.
Mamma Etna – wie die Sizilianer ihren Vulkan nennen – wurde für mich in diesem Jahr wahrlich wie zu einer Mutter – man fühlt sich dort oben geborgen, sicher vor den alltäglichen Sorgen und der Hektik, sie lässt dich für ein paar Stunden vergessen und durchatmen und beeindruckt dich mit ihrer Vielfalt.
Das Donnern des Ätna
Ein Tag blieb mir in diesem Jahr jedoch besonders in Erinnerung. Es war ein sonniger Morgen im August an dem wir uns entschieden auf den Ätna zu fahren um eine Wanderung über die Sartorius Krater zu machen. Nach der Fahrt durch die kleinen idyllischen Ätna Dörfer erreichten wir unser Ziel auf etwa 1700 Meter Höhe – die Sartorius Krater: 7 erloschene Krater, die wie eine Knopfleiste angeordnet sind. Der Himmel war strahlend blau ohne auch nur eine einzige Wolke und die Temperatur sehr angenehm. Wir starteten also unsere Wanderung auf den erloschenen Kratern und erreichten den höchsten Punkt auf einem der Krater. Wir verweilten einen Augenblick, ich ließ meinen Blick über die blühende Landschaft und die Küste schweifen und konnte durch die klare Sicht sogar den Stromboli Vulkan in der Ferne erblicken.
Plötzlich, wie aus dem Nichts, ein leises Donnern, das immer lauter wird. Ich blickte über mich und war zunächst etwas verwirrt. Es hörte sich an wie ein Donnern, doch es war keine Wolke am Himmel, es war Mamma Ätna selbst, die mich mit ein paar Explosionen im Inneren des Südostkraters, aus meinen Gedanken riss. Das faszinierende an diesem „Donnern“ ist, dass man es nicht nur hört, sondern auch wirklich spürt, man bekommt einfach Gänsehaut, wenn man dort oben steht, fasziniert von der Aussicht, und sich der Vulkan, auf dem man sich befindet, zeitgleich mit einem leichten Rumoren meldet.
Ein Springbrunnen aus Lava
Nach diesem Moment war ich mehr als durchströmt von Adrenalin und wollte unbedingt einmal die Aktivität des Kraters sehen. Glücklicherweise war an diesem Tag „San Lorenzo“, die Nacht, in der die meisten Sternschnuppen zu sehen sind. Daher fuhren wir abends auf die Südseite des Ätna, um auf 2000 Metern Höhe die Sterne zu beobachten.
Auf dem Weg dorthin, sollte sich uns aber noch ein ganz anderes Schauspiel zeigen. Mamma Ätna zeigte sich in dieser Nacht ebenfalls sehr aktiv und spuckte aus dem Südostkrater meterhohe Lavafontänen. Ich traute meinen Augen kaum, noch nie in meinem Leben habe ich ein solches Naturschauspiel live gesehen. Trotz allem fuhren wir, wie geplant, auf 2000 Meter um die Sternschnuppen zu sehen. Doch die Eindrücke, die ich schon tagsüber bekommen hatte, und das Schauspiel, das ich nur kurz auf der Hinfahrt in der Nacht gesehen hatte, ließen mich nicht los.
Nachdem wir eine Stunde auf die Sternschnuppen gewartet hatten und nichts passiert war, konnte ich nicht anders, ich wollte unbedingt an einen Punkt, wo ich das Lavaschauspiel wieder sehen und beobachten konnte. Sternschnuppen sieht man zwar auch nicht alle Tage, doch solch ein Naturschauspiel hatte ich vorher immer nur im Fernsehen oder auf Fotos gesehen. Also fuhren wir wieder soweit hinunter, dass ich den Südostkrater erneut sehen konnte. Wir blieben einige Zeit und beobachteten das Schauspiel. Rote Lavafontänen, die in die Luft schießen, und den Himmel erleuchten, ich war einfach fasziniert. Es ist nicht leicht diese Eindrücke in Worte zu fassen, denn man muss sie einfach erleben und in sich aufnehmen. Nur so realisiert man erst, wie beeindruckend und faszinierend die Natur und unsere Erde ist.
Das war für mich einfach der Tag, an dem ich mich in diesen Vulkan verliebt habe, denn egal wie sehr man beschäftigt oder besorgt ist, sobald man dort oben ist, vergisst man einfach alles um sich herum.